Wir treffen heute unsere Mates von Astra Kid und One Man and his Droid. Ein Stadtfest ist ein Stadtfest ist ein Stadtfest. Die Bühne ist ein kleiner Truck und Mathias kann nicht aufrecht stehen. Egal, erst mal Umarmungen und etwas umher wandern. Angelo sieht sich natürlich die Modellboote an, Mathias will lieber selber paddeln. Nino entdeckt ein Wahrsager-Automaten, in den man seine Hand stecken muß, um die Zukunft gelesen zu bekommen. Er hat die erforderlichen 20 Cent aber nicht dabei, ist sich bei seinem momentanen Zustand aber sicher, dass seine Zukunft eh nicht mehr lang dauern kann. Astra Kid spielen ein schickes Konzert, es sind leider nicht so viele Leute da. Bei uns sind es etwas mehr, aber alles in allem herrscht eine komische Atmosphäre. Nach zwei Dritteln kann Nino auf einmal sein linke Gesichtshälfte nicht mehr bewegen, kaum noch stehen und singt mehr schlecht als recht. Lähmende Wirkung der Medikamente? Er bricht das Konzert ab und legt sich erst mal hin. Die Droiden spielen dann vor vollem Platz und rocken gut. Party ist heut nicht mehr so, eher Hotelbesinnung. Das erste Wochenende war somit kein so guter Einstieg, ohne portugiesische Terror-Viren wäre es insgesamt wohl etwas lustiger geworden, so haken wir das unter Warmspielen ab.
Und das schreibt Max dazu:Samstag, Lingen/Papenburg
Beim Frühstück berichten Mathias und Angelo, wie sie bei ihrer morgendliche Heimkehr noch eine Lingener Hochzeitsgesellschaft aufgebracht haben. Das hält Thomas aber nur etwa zehn Sekunden davon ab, seinen Vortrag über amerikanische Fernsehserien fortzusetzen. Weil die Hochzeitsgesellschaft schon wieder mit Tabletts voller Schnapsgläsern in den Hubertushof einfällt, fahren wir schnell weiter, nach Papenburg in Ostfriesland. Auf der Fahrt wird Angelo plötzlich unruhig und möchte was spielen, aber keiner hat eine Idee. Deshalb legt Mathias die neue Superpunk-Platte ein und alle spielen das ?Wie finde ich die? - Diskursspiel. Fazit: Zu viele Bläser, Superpunk! In Papenburg kommen wir schon gegen Mittag an und machen erst mal das, was die ganzen Papenburger auch machen: Auf dem Stadtfest rumwuseln. Das Papenburger Stadtfest lockt tonnenweise Leute aus dem ganzen Umland an, denn es gibt jede Menge Bierbuden und Bratwurststände und dazwischen versuchen ungesunde Händler Sonnenbrillen, Deutschlandhosenträger und Putzhilfen zu verkaufen. Die Kleiderordnung für Seniorenpaare auf Stadtfesten ist übrigens in ganz Mitteleuropa gleich: Er spannt so eine komische Safari-Weste mit vielen Taschen und eine zusätzliche eine Gürteltasche um seinen Bauch, während sie mit einer bunten Windjacke rumknistert. Die Band ist erheitert und zeigt mir auch warum: Ihr Auftrittsort heute Abend ist eine leergeräumte Bratwurstbude in einer dunklen Seitengasse des Stadtfests. Vor der Bude stehen zünftig schon mal ein paar Bierbänke. Der Backstageraum ist ein Wohnwagen und das Bier ist warm. Wir lassen uns aber nichts anmerken und bauen nach ganz viel Rumhängen die kleinen Bühne zu einem Indiepoptempel aus. Also die Band macht das, während ich von unten so semi-hilfreichen Tipps gebe: ?Schlagzeug mehr rechts, glaube ich? ?Nee Max, das bleibt jetzt so!? ?Ah, okay!?
Papenburger Virginia Jetzt!-Fans haben sich eingefunden und die Bierbänke zur Seite geschoben, weil sie schon ahnen, dass gleich mächtig der Tanzbär los ist. Übrigens haben die doch tatsächlich ganz gute Jugendliche hier, nette Kichermädchen die Pommes besorgen und dabei ganz viel reden. Dafür ist man ja dankbar, während die Band im Backstagewohnwagen noch mit dem Rubikwürfel spielt. Das Konzert ist dann eine Soundmelange aus guten Virgina jetzt!-Songs, dem Alleinunterhalter zwei Stände weiter und der Stadtfestmusik aus den Lautsprechern. Die Band sieht auch etwas verbissen aus, Nino hängt ganz komisch unter dem niedrigen Dach der Bühnenbude und nach sechs Liedern ist Schluss, der kranke Sänger schleppt sich zum Wohnwagen und ist noch kränker. Die Leute kaufen trotzdem T-Shirts und die gesunde Restband fragt die Kichermädchen nach den besten Örtlichkeiten für ein geselliges Beisammensein. Darauf gibt es in Papenburg nur eine Antwort: Entweder ins ?Far out? oder in die ?Klause? - wie super ist das denn? Das ?Far out? ist ein irisches Pub und von der ?Klause? erfährt man, dass es dort etwas ranzig ist, das Bier aber nur fünfzig Cent kostet und manchmal Rockmusik läuft ? hin da!
Der Wirt der Klause ist ein Original und das Bier kostet dann eben doch einsachtzig, dafür gibt es beinahe eine Schlägerei. Gegen drei laufen Bass-Mathias und ich durch Papenburg und verirren uns genau solange, bis wir auf einmal vor unserer Pension stehen. Wir wünschen uns eine gesegnete Nacht und bei mir im Bett liegt dann schon wieder der, den sie ?Gniedel? nennen und schnarcht ziemlich laut den Singlehit ?Ein ganzer Sommer? von der netten Berliner Band Virginia jetzt!
Max Scharnigg ist Autor beim Online-Magazin
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