So sah es unser Backliner Daniel:
Mit Salzburg verbinden mich eher seltsame Erinnerungen, aber dafür ist hier kein Platz. Wir wollen erst mal zum Hotel fahren. Da wir aber nur einen Namen haben und keine richtige Adresse, ist das Sichverfahren unumgänglich. Eigentlich gehört das ja zum guten Ton. Ben ist heute allerdings sehr gereizt und jedes weitere Mal, das ich mit Neugier und Nanu-Blick in eine neue Straße biege, trägt nicht gerade zur Balsamierung seiner geschundenen Nerven bei. Auf einer Kreuzung beim Wenden, angeheizt durch den Applaus der Band, der jedes Mal losbricht, wenn der Motor abgewürgt wird, explodiert er kurz und uns anderen verbindet in diesem Moment das Grübeln darüber, wie um alles in der Welt An- und Entspannung, um es mal so zu sagen, zwischen zwei Brüdern so ungerecht verteilt sein kann.
Das Rockhaus ist ein schöner Ort, der mit seiner Größe nicht an Flair verliert. Wie immer Soundcheck, dann folgt die große Langeweile. VJ! geben Interviews und haben dieses Meet´n´Greet-Ding und irgendwann gibt es zum Glück etwas zu essen. Mit schrumpfender Selbstachtung muss ich mir eingestehen, dass das immer mehr zum alleinigen Lebensmittelpunkt erwächst..
Heute eröffnen Anajo aus Augsburg, deren Musik mir nicht gefällt. Aber immerhin sind das coole Typen. Während des Konzertes von Virginia fällt mir auf, wie doll jung das Publikum heute ist. Das komplette erste Drittel des Raumes ist im Durchschnitt auf keinen Fall älter als 17. Die größtenteils weibliche erste Reihe ist permanent damit beschäftigt, den Sitz der Trägerhemdchen zu korrigieren und Nino mit Schmollmund anzuschmachten. Es gibt auch richtig Pogo und so. Wie früher im Jugendklub. Wahnsinn. Und sie alle liegen der Band zu Füßen, lesen jeden noch so beknackten Wunsch von den Augen ab. Als Nino irgendwann mit dem Mikro von der Bühne steigt, setzen sich alle hin, einfach so, das ist ein ebenso skurriler wie ergreifender Moment. Nino im weißen Anzug mit ausgebreiteten Armen zwischen begeisterten Zuhörern. So werden wohl Religionen begründet. Immerhin verhält sich Nino verantwortungsvoll und fängt jetzt nicht mit Geschichten von Ufos oder so an. Aber überhaupt fällt mir heute mal auf, wie gut die vier in Anzügen aussehen. Vorneweg Matthias. Schade, dass er seine Mütze nicht abnimmt. Ihm wurde gestern in der Nacht auf dem Hotelzimmer noch eine neue Frisur verpasst, zu der er sich aber noch nicht so durchringen kann. Sonst so selbstbewusst...
Auch hier ist nach Konzertende nicht mehr viel los und ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt. Wir hängen dann noch eine Weile an der Bar ab und wie aus dem Nichts tauchen unentwegt Getränkebons vor meinen Augen auf. Dass ich sie entgegen dem allgemeinen Habitus in Mangosaft statt in milchiges Hochprozentiges investiere, quittiert mir Ben mit seinem üblichen Wassollausdirnurwerden-Blick. Aber das haben wir ja schon unser Leben lang so.